"Lassen Sie ihn endlich frei!" - Inhaftierung von Selahattin Demirtaş

Erdoğan stellt sich gegen Urteil des Europäischen Gerichts für Menschenrechte

Seit nunmehr zwei Jahren ist der ehemalige Vorsitzende Selahattin Demirtaş der prokurdischen Oppositionspartei HDP in Untersuchungshaft. Festgenomen wurde er im November 2016 gemeinsam mit weiteren Parteikollegen. Grund war der Verdacht, kurdische Rebellen mit Terrorpropaganda unterstützt zu haben. In einem schnellen Verfahren wurde Selahattin Demirtas zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Am 7. September diesen Jahres bestätigte das Berufungsgericht das Urteil.

Nun hat sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit dem Fall beschäftigt und kam vor drei Wochen zu einem Urteil. Der EGMR verurteilt die fortwährende Inhaftierung als politisch motiviert. Denn Demirtaş war weder während des umstrittenen Verfassungsreferendums 2017 noch der Präsidentschaftswahl 2018 auf freiem Fuß. Dies sei "ein unrechtmäßiger Eingriff in die freie Meinungsäußerung des Volkes". Erdoğan wollte damit lediglich einen politischen Konkurrenten ausschalten und den Pluralismus ersticken. Vor der Inhaftierung Demirtaş` gehörte dieser zu den bedeutendsten Gegnern von Recep Tayyip Erdoğan. 2016 war die HDP der Grund, dass die AKP nicht mehr die absolute Mehrheit gewann.

Trotzdem lehnt der türkische Präsident das Urteil ab, da die Türkei sich nicht daran gebunden fühlt. In Folge dessen verweigert das Gericht in Ankara die Freilassung Selahattin Demirtaş, obwohl die Türkei Mitglied im Europa Rat ist und sich somit an das Urteil des EGMR halten muss. Als Schein wird der Inhaftierte zwar nun offiziell im Hauptverfahren aus der Untersuchungshaft entlassen, um dem Urteil des EGMR formal Folge zu leisten. Dennoch wird er durch die Bestätigung des Urteils für vier Jahre und acht Monate weiter im Gefängnis festgehalten.

Auch wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament verurteilen die andauernde, absurde Inhaftierung Demirtaş. Ich habe ihn kurz bevor er verhaftet wurde getroffen und als leidenschaftlichen Kämpfer für die Lösung der Kurdenfrage und ein friedliches Zusammenleben der Türken und der kurdischen Minderheit in der Türkei erlebt. Er will beweisen, dass Kurden und Türken zusammen in Frieden und Freundschaft leben können - mit gemeinsamen Zielen und gemeinsamen Freunden. Mein Appell an den türkischen Präsidenten Erdoğan in der Debatte war klar: "Haben Sie keine Angst vor einem so moderaten, gerechten und mutigen Politiker wie Selahattin Demirtaş - lassen Sie ihn endlich frei!"

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