Türkei

Bereits 1999 wurde der Türkei der Status eines offiziellen EU-Beitrittskandidaten zuerkannt. In den Folgejahren konnte ein demokratischer Reformprozess beobachtet werden und die Wirtschaft boomte. So wurde die Türkei lange als Beispiel für einen islamischen Liberalismus gesehen, der Wohlstand und demokratische Grundprinzipien mit sich brachte.  

Nach Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen im Jahr 2005 kam dieser Reformprozess jedoch ins Stocken und letztendlich zum Stillstand. Mehrere Staatskrisen in der Türkei folgten. Seit dem gescheitertem Putschversuch im Sommer 2016 hatte sich die Lage vor allem im Hinblick auf Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit radikal verschlechtert. So brachte die türkische Regime um Präsident Recep Tayyip Erdoğan unter anderem ein neues Antiterrorgesetz auf den Weg, das dem Regierungsapparat ermöglicht, Abgeordnete der Opposition, Journalisten und Wissenschaftler juristisch zu verfolgen und mundtot zu machen. Ein solches Gesetz entspricht keineswegs den europäischen rechtsstaatlichen Normen. Es wurden bereits tausende Oppositionelle, Lehrer, Richter und Journalisten entlassen und inhaftiert. Dieses Ereignis war eine Zäsur in den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei. Erstmals seit Beginn des Beitrittsprozesses forderten wir im Europäischen Parlament in einer Resolution das Einfrieren der Verhandlungen mit der Türkei.

Im April 2017 spitzte sich die Lage in der Türkei weiter zu. Die türkische Regierung richtete ein Referendum für eine Verfassungsänderung aus, wonach das Land von einem parlamentarischen System zu einem Präsidialsystem umgebaut werden sollte. Damit würden nach Ansicht von Kritikern die letzten demokratischen Kontrollmechanismen ausgehebelt. Eine knappe Mehrheit der türkischen Wähler stimmte der Verfassungsänderung zu. Von Seiten des Europäischen Parlaments gab es hierzu eine klare Ansage: Wenn die Regierung Erdogan das Paket zur Verfassung unverändert umsetzt, müssen die Beitrittsgespräche mit dem Land suspendiert werden.  

In unserem Fortschrittsbericht 2017 zur Türkei forderten wir deshalb als Europäisches Parlament nicht mehr nur ein Einfrieren der Beitrittsgespräche sondern ihre Suspendierung. Damit einhergehend soll die EU die sogenannten Heranführungshilfen für den EU-Beitritt einstellen. Das heißt allerdings nicht, dass wir die Zusammenarbeit mit der Türkei abreißen lassen wollen. Trotz der Schwierigkeiten in den EU-Türkei-Beziehungen müssen wir die Partnerschaft fortführen und weiterentwickeln, zum Beispiel im Rahmen des Flüchtlingsabkommens, der Kooperation im Kampf gegen den Terrorismus sowie in Handelsfragen. Wir wollen die demokratischen Kräfte in der Türkei, die unsere europäischen Werte teilen, in dieser schwierigen Phase nicht im Stich lassen sondern unterstützen

 

Nützliche Links:

Pressestatement zur Türkeiresolution des Europäischen Parlaments, November 2016

Entschließung des Europäischen Parlaments über den Bericht 2016 der Kommission über die Türkei 

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