Zukunft der EU: Die europäische Demokratie braucht ein starkes Parlament

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Das Europäische Parlament hat nach einem Jahr regelmäßiger Debatten zur Zukunft der EU einen zusammenfassenden Standpunkt verabschiedet. Wir Abgeordnete fordern mehr Transparenz und eine Stärkung der Demokratie in einer weiterentwickelten EU.

Seit Januar 2018 hat das Europäische Parlament eine Reihe von europäischen Regierungschefs eingeladen, um mit diesen über ihre Vorstellung zur Zukunft der EU zu diskutieren. Hintergrund ist die generelle Debatte darüber, was die aktuellen politischen Herausforderungen unserer Zeit sind und was für eine EU wir brauchen, um ihnen zu begegnen. So hatten die EU-Mitgliedsstaaten etwa 2016 als Reaktion auf den Brexit den Bratislava-Prozess mit Reformimpulsen für die EU angestoßen. Ebenso hatte die Kommission 2017 ein Weißpapier und nachfolgende Reflexionspapiere zur Zukunft der EU vorgestellt.

Nun haben wir Abgeordnete nach einem Jahr, in dem 16 Debatten mit Regierungschefs im Plenum des Europäischen Parlaments geführt worden sind, Bilanz gezogen und einen eigenen Standpunkt formuliert. Zentral ist die Erkenntnis, dass viele Probleme und Krisen nur in gemeinsamer europäischer Anstrengung im Interesse der europäischen BürgerInnen gelöst werden können. Insbesondere gilt das für die großen Themen wie Klima- und Umweltschutz, Gestaltung der Globalisierung sowie innere und äußere Sicherheit. Eine Rückabwicklung der Europäischen Einigung, wie es sich mancher von populistischer Seite wünscht, ist vor diesem Hintergrund Unsinn. Vielmehr müssen wir uns intensiver darum bemühen, die Demokratie auf europäischer Ebene zu stärken und die Entscheidungsfindung in der EU transparenter zu machen.

Für uns SozialdemokratInnen im Europäischen Parlament heißt das unter anderem, dass endlich das längst überfällige Initiativrecht für das Europäische Parlament eingeführt werden muss, damit das Parlament selbstständig Gesetzesprojekte auf den Weg bringen kann. Bislang sperren sich die Mitgliedsstaaten dagegen, genauso wie bei einem ordentlichen Untersuchungsrecht des Parlaments. Es heißt auch, dass Schluss sein muss mit der Unsitte, unpopuläre Entscheidungen auf Brüssel zu schieben und nationale Regierungen von der Verantwortung für europäische Politik loszusprechen. Dafür braucht es zum Beispiel mehr Transparenz in der Entscheidungsfindung im Rat der Europäischen Union, auch bekannt als "Ministerrat". Hier unterstützen wir die Forderung der europäischen Bürgerbeauftragten: Anders als im Parlament, wo Abstimmungen öffentlich nachvollziehbar sind, erfährt beim Ministerrat die Öffentlichkeit nicht zwangsläufig, welche Regierung wie abgestimmt hat. Das muss sich ändern.

Das Europäische Parlament wehrt sich zudem deutlich gegen Bestrebungen einzelner Mitgliedsstaaten, das sogenannte "Spitzenkandidaten"-System zu missachten oder gar zu sabotieren. Der Lissabon-Vertrag gibt dem Europäischen Parlament das Recht, den von den Mitgliedsstaaten nominierten Kommissionspräsidenten zu bestätigen oder abzulehnen. Wir fordern, dass sich bei der Europawahl auch weiterhin SpitzenkandidatInnen der europäischen Parteienfamilien um das Amt bewerben und der oder die erfolgreiche KandidatIn von den Mitgliedsstaaten für den Vorsitz der Europäischen Kommission nominiert wird. Eine solche konsequente Wahl stärkt den politischen Wettbewerb auf europäischer Ebene und bringt der Kommission mehr Akzeptanz bei der Bevölkerung ein, als intransparente Personalklüngel im Hinterzimmer. Deswegen hält sich das Parlament vor, einen oder eine von den Mitgliedsstaaten vorgeschlagene KandidatIn abzulehnen, der oder die sich vorher nicht in einer Spitzenkandidatur zur Wahl gestellt hat.

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