Umstrittene Justizreform in Rumänien

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Im Dezember 2017 hat die junge sozialdemokratisch-liberale Regierungskoalition in Rumänien ein Gesetzespaket zur Reform des Justizsystems beschlossen.

Da es sich bei der koalitionsführenden Partidul Social Democrat (PSD) um unsere rumänische Schwesterpartei handelt, müssen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament die Geschehnisse in Rumänien besonders intensiv beobachten. Rumänien hat seit Jahrzehnten ein Problem mit Korruption auf allen Ebenen von Gesetzgebung und Verwaltung und steht nicht ohne Grund unter besonderer Beobachtung der Kommission im Rahmen des sogenannten Kooperations- und Kontrollverfahrens. Transparenz, korruptionsfreie Demokratie und demokratische Entscheidungsfindung gehören zu den obersten Prinzipien der Europäischen Union und müssen selbstverständlich auch für unsere rumänische Schwesterpartei PSD und ihren bereits wegen Wahlbetrugs verurteilten Parteivorsitzenden Liviu Dragnea gelten.

Die bisherigen Reformen betreffen vor allem den Status von Richtern und Staatsanwälten: Es gab Änderungen bezüglich ihrer Ernennung und Entlassung, der persönlichen Haftung bei Prozess und Urteilsfehlern, sowie der Persönlichkeitsrechte von Angeklagten im Strafprozess. Die noch zu erwartenden Gesetze sollen das Verhältnis von strafrechtlicher Verfolgung und zivilrechtlicher Wiedergutmachung für bestimmte Gesetzesverstöße regeln.

Die Justizreform erregt nicht nur in der rumänischen Öffentlichkeit, sondern auch in der europäischen Berichterstattung große Aufmerksamkeit und Besorgnis. In Bukarest und in anderen Städten des Landes versammeln sich seit Wochen regelmäßig zehntausende Demonstranten, um gegen die Reformen des Justizsystems zu protestieren. Scharfe Kritik kam auch von Seiten der Europäischen Kommission. Die Vorwürfe gegen die Gesetzesvorhaben wiegen dabei schwer: Es geht um eine Aushöhlung des Rechtsstaates, die Schaffung einer exekutiven Paralleljustiz und einen Amnestieversuch für korrupte Regierungspolitiker.

Dennoch: Man kann die Entwicklungen in Rumänien zwar nicht mit den jüngsten politischen Reformen in Polen und Ungarn gleichsetzen, die eindeutig auf eine Aushöhlung der Unabhängigkeit der Justiz zielten und damit einer Verletzung der europäischen Grundwerte nahe kommen. Denn nicht jede neue Regelung im Reformvorhaben ist kategorisch abzulehnen. Jedoch scheint die PSD-geführte Koalition im Zuge ihrer Justizreform auch die Aufdeckung von Korruptionsverbrechen der eigenen politischen Führung zu beeinflussen, beziehungsweise zu verhindern.

Als SPD Europaabgeordnete begrüßen wir es daher, dass die Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (GRECO) eine Stellungnahme zu den Reformen in Rumänien abgeben wird. Auch den Vorschlag einer Beteiligung der Venedig-Kommission des Europarates für verfassungsrechtliche Fragen unterstützen wir ausdrücklich.

Wichtig ist es für uns zudem, den direkten und transparenten Dialog mit unserer Schwesterpartei in Rumänien aufrechtzuerhalten. Dabei können wir insbesondere auf eine vermittelnde Beteiligung der neuen rumänischen Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă hoffen, die bis vor einigen Wochen selbst noch Europaabgeordnete unserer Fraktion war.

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