Bosnien und Herzegowina: Der lange Weg in die EU

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Am Mittwoch verabschiedete das Europäische Parlament den "Bericht der Kommission 2018 über Bosnien und Herzegowina" in Straßburg. Er dient als sogenannter Fortschrittsbericht im Rahmen des EU-Beitrittsprozesses und soll den Reformstatus des Landes bewerten.

Bosnien und Herzegowina hat sich ausdrücklich für eine Annäherung an die EU mit dem Ziel des EU-Beitritts entschieden. Dementsprechend müssen wichtige Reformen im Land, in dem die Folgen des Krieges bis heute noch zu spüren sind, konsequent umgesetzt werden. Es braucht konkrete Ergebnisse - zugunsten der BürgerInnen und unabhängig von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit.

Wir SozialdemokratInnen im Europäischen Parlament wollen Bosnien und Herzegowina auf dem Weg in die Europäische Union unterstützen. Dem Land steht die Tür in die EU in jedem Fall offen. Die notwendigen Reformprozesse müssen aber in Zukunft schneller und besser vorangetrieben werden. Leider ist erkennbar, dass die Verantwortlichen in Bosnien und Herzegowina offensichtlich noch keinen Weg gefunden haben, dieses mit Nachdruck zu tun. Die spalterische, nationalistische und volksgruppenzentrierte Rhetorik prägt nach wie vor den politischen Diskurs in dem Westbalkan-Land. Bei der Regierungsbildung muss sich in Zukunft auf allen Ebenen in konstruktiver Zusammenarbeit im Sinne einer europäischen Zukunft des Landes eingesetzt werden. Das EU-Beitrittsverfahren muss als Projekt zur Aussöhnung und zur Schaffung einer auf Kompromissen und gegenseitigem Verständnis gegründeten politischen Kultur verstanden werden.

Die Verfassung von Bosnien und Herzegowina bezieht sich auf drei Staatsvölker. Mit dem zugrundeliegenden Vertrag von Dayton haben die drei konstituierenden Völker (Bosniaken, Serben, Kroaten) die gleichen Rechte, was eine Benachteiligung der einzelnen Gruppen verhindern soll. Dieser Vertrag konnte zu Kriegszeiten das Blutvergießen im Land beenden, offensichtlich half er aber nicht dabei, einen Staat zu etablieren. Bosnien und Herzegowina ist nach dem Bürgerkrieg mit über 100.000 Toten und mehr als zwei Millionen Flüchtlingen in zwei Landeshälften gespalten. Die eine Landeshälfte wird von serbischen Bosniern kontrolliert, die zweite von Bosniaken und kroatischen Bosniern. Beide Teile sind fast unbegrenzt selbstständig und arbeiten nach Kräften gegeneinander. Deshalb sollte die Europäischen Union die Initiative für ein Dayton 2.0 starten, um Bosnien und Herzegowina für die Zukunft politisch zu stabilisieren und den Weg in die EU zu ebnen.

In meiner Rede im Europäischen Parlament am vergangenen Dienstag habe ich auch auf meine Erfahrungen Bezug genommen: Immer wieder, wenn ich in dem Land bin, habe ich den Eindruck, dass sich immer mehr Menschen nach einem Miteinander sehnen und dass nur die verantwortlichen Politiker hinter dieser Entwicklung zurückbleiben. Die Verantwortlichen in Bosnien und Herzegowina werden sich eines Tages der Bevölkerung stellen und erklären müssen, warum sie alten nationalen Gefühlen hinterherhinken, anstatt ein modernes, neues Bosnien und Herzegowina zu formen, das von Toleranz und Miteinander geprägt ist.

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